Das Zungenbein – kaum jemand sieht es jemals, und doch spielt es im Pferdekörper eine große Rolle. Es ist ein kleines, feines Knochensystem tief im Kopf des Pferdes. Es hat einen enormen Einfluss auf Atmung, Schlucken, die Zungenbewegung und sogar auf die Rittigkeit.
Was ist das Zungenbein?
Das Zungenbein ist ein „freischwebender“ Knochenkomplex der sich zwischen den Unterkieferästen des Pferdes befindet. Es ist nirgendwo fest mit anderen Knochen verbunden, sondern hängt in einem feinen Netz aus Muskeln und Bindegewebe. Diese Verbindungen reichen zum Schädel, zur Zunge, zum Kehlkopf und weiter über den Hals in den Rumpf und den Vordergliedmaßen.
Das bedeutet: Schon kleine Spannungen oder Veränderungen in der Muskulatur können die Beweglichkeit des Zungenbeins beeinflussen – und damit auch die Funktion von Zunge, Schlund und Atmung.
Spannend ist die lange Zungenbeinmuskulatur. Sie verläuft vom Zungenbein durch die Unterseite des Halses bis zur Schulter und zum Brustbein.
Das heißt:
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Das Zungenbein ist direkt mit der unteren Halslinie verbunden.
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Über das Brustbein hat es sogar Einfluss auf die gesamte Körperhaltung.
So wird deutlich: Ein „kleines“ Knochengebilde im Kopf kann sich bis in die Schulterpartie und den Rumpf des Pferdes auswirken.
Einfluss auf Schädel und Kiefergelenk
Das Zungenbein hat über seine muskulären Verbindungen auch direkten Einfluss auf die Schädelknochen, insbesondere auf das Kiefergelenk.
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Ist die Muskulatur rund um das Zungenbein verspannt, kann dies zu Fehlbelastungen oder Blockaden im Kiefergelenk führen.
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Da das Kiefergelenk wiederum eng mit dem kraniosakralen System verbunden ist (also dem Zusammenspiel von Schädel, Wirbelsäule, Kreuzbein und dem Nervensystem), können Probleme am Zungenbein Auswirkungen auf den gesamten Pferdekörper haben – bis hin zu Verspannungen im Rücken oder Becken.
Dieser kleine Kochen ist ein entscheidender Faktor für die Entspannung und Losgelassenheit des Pferdes. Nur wenn es frei beweglich ist, kann das Pferd in Balance laufen und seinen Körper optimal einsetzen.
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Stress, Angst oder zu enges Reiten können zu Verspannungen im Bereich des Zungenbeins führen.
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Diese Spannungen blockieren nicht nur das Maul, sondern wirken sich über die Muskelketten auf den gesamten Körper aus.
Verbindung mit den Muskelketten
Das Zungenbein ist funktionell mit der oberen und unteren Muskelkette des Pferdes verbunden:
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Die obere Kette verläuft vom Maul über den Nacken und Rücken bis zur Hinterhand.
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Die untere Kette erstreckt sich vom Maul über die Bauchmuskulatur bis zum Becken.
Dadurch beeinflusst das Zungenbein direkt das Zusammenspiel von Rücken, Bauch und Hinterhand – also die Grundlage für Tragkraft, Schwung und Losgelassenheit.
Wenn der Brustkorb absinkt
Viele Pferde haben einen abgesenkten Brustkorb – oft, weil die Rumpftragemuskulatur zu schwach ist oder sie lange auf der Vorhand gearbeitet wurden.
Das Problem: Sinkt das Brustkorb ab, verändert sich auch die Zugrichtung der langen Zungenbeinmuskeln die ihren Ursprung am Brustbein haben. Sie ziehen das Zungenbein nach hinten-unten.
Die Folgen können sein:
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ein blockiertes oder „festes“ Gefühl im Maul,
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Schwierigkeiten beim Schlucken oder Kauen,
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Verspannungen im Genick,
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oder Probleme beim Stellen und Biegen.
Wie es zu Problemen kommen kann
Probleme am Zungenbein entstehen oft schleichend und haben verschiedene Ursachen:
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Verspannungen durch falsche Anlehnung – wenn das Pferd dauerhaft gegen die Hand arbeitet oder in einer unnatürlichen Kopfhaltung geht.
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Fehlbelastungen durch Training – z. B. viel Reiten auf der Vorhand, fehlende Aktivierung der Rumpftragemuskulatur oder einseitige Belastungen.
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Zahnerkrankungen oder schlecht sitzende Ausrüstung – Druck im Maul oder Schmerzen beim Kauen wirken sich direkt auf die Zungen- und Zungenbeinbewegung aus.
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Stürze oder Traumata – auch eine äußere Verletzung kann Spannungen im Bereich von Kopf, Hals oder Brust auslösen, die das Zungenbein betreffen.
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Stress und Schonhaltungen – Pferde kompensieren Schmerzen oft über die Hals- und Zungenbeinmuskulatur, was zu dauerhaften Fehlspannungen führen kann.
Typische Folgen von Zungenbein-Problemen
Wenn das Zungenbein in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, zeigt das Pferd häufig:
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Widerstand im Maul (Zunge herausstrecken, Maul aufsperren, sich nicht an das Gebiss heran dehnen)
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Rittigkeitsprobleme wie fehlende Durchlässigkeit, Taktfehler oder Schwierigkeiten beim Stellen und Biegen
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Verspannungen in Genick und Unterhalslinie
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Probleme beim Kauen oder Schlucken
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Blockaden im Kiefergelenk oder Spannungen im gesamten kraniosakralen System
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Fehlende Losgelassenheit, Schwierigkeiten ins Gleichgewicht zu finden oder die Hinterhand aktiv zu nutzen
Warum das wichtig ist
Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie alles im Pferdekörper miteinander verbunden ist. Ein Problem mit dem Zungenbein kann Auswirkungen bis in den Rumpf und den Gliedmaßen haben – und umgekehrt.
Daher ist es wichtig, nicht nur „am Symptom“ zu arbeiten, sondern den ganzen Körper zu betrachten.
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Mit gezieltem Training kann man das Brustbein wieder anheben.
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Eine lockere, feine Hilfengebung schont das Maul und Zungenbein.
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Und mit physiotherapeutischer Arbeit lassen sich Spannungen frühzeitig lösen.
Das Zungenbein ist klein, unscheinbar und doch ein Schlüsselfaktor für Losgelassenheit, Gleichgewicht und Wohlbefinden. Wer sein Pferd wirklich verstehen möchte, sollte diesem kleinen Knochen ruhig etwas mehr Aufmerksamkeit schenken. Es erinnert uns daran: Alles im Pferdekörper ist miteinander verbunden und manchmal liegt die Lösung für große Probleme in einem ganz kleinen Knochen.